Die Abenteuer des Kevin Braun

Kapitel 4 – Auf nach Hause

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Die Reise mit den Naaru hat zum Teil mein Zeitverständnis stark durcheinander gewirbelt. Die letzte interessante Nachricht, die mir nach meiner Ankunft in Eisenschmiede zu Ohren gekommen ist, war der Aufstand in Stratholme. Soweit ich informiert bin, hat Arthas dort eine Razzia durchgeführt, nachdem die meisten der dort ansässigen Einwohner zu viel vom falschen Gras erwischt hatten und die Einwohner vergleichsweise aggressiv und angriffslustig wurden. Eigentlich sollte die ganze Situation friedlich gelöst werden, doch als ein-zwei Einwohner es wagten, Arthas einen „Blondschopf“ zu schimpfen ist er ausgerastet. Uther, der diese Situation zur persönlichen Belustigung gänzlich auskostete, wurde daraufhin unehrenhaft aus Arthas‘ Dienst entlassen. Über die weiteren Vorgehensweise von Arthas weiß man leider nichts. Wie Arthas in einem Interview bekannt gab, wurden die „besonders garstigen“ dingfest gemacht und der Gerechtigkeit zugeführt. Was man darunter versteht, ist jedem selbst überlassen. Ich vermute, dass die vorerst unter Hausarrest gestellt wurden, denn die Stadt ist berstend voll wie eh und je. Im Gegenteil. Ich hab gehört, dass es seit letzter Zeit einen regen Zulauf der absonderlichsten Gestalten geben soll. So sollen sich sowohl viele, schon fast zum Skelett abgemagerte Einwanderer, als auch einige… sagen wir mal… monströse Persönlichkeiten in Stratholme eingefunden haben. Ich hab auch gehört dass jetzt im Stadtkern ein neues Fleischhaus – also eine Fleischerei gebaut wird. Der Inhaber soll niemand geringerer als Rammstein sein. Vom Sänger zum Fleischer… mit seiner Karriere geht es wohl auch ständig bergab… Meines Erachtens nach ist infolgedessen die Lebensqualität in Stratholme stark gegen null gerutscht.

Auf alle Fälle war ich kurz nach dem Besuch bei Putress wieder auf dem Weg nach Hause nach Brill. Zu dieser Zeit gab es noch einen regen Schiffverkehr zwischen Sturmwind und Lordaeron, von daher dauerte die Reise etwa fünf Tage. Hätte sie länger gedauert, wäre ich vermutlich verhungert. Ich wurde bereits durchs betreten des Schiffs seekrank und bekam die folgenden Tage keinen Bissen mehr runter.

Ich war froh, als ich wieder in Brill ankam. Mein Gehöft liegt südwestlich des Stillwassertümpels in Tirisfal. Der Tümpel war zu dieser Zeit noch ein beliebtes Ausflugsziel von Familien, die an seinem Ufern picknickten und den jüngeren der Familie an schönen Sommertagen das schwimmen beibrachten. Mein Haus lag nahezu ideal an der Hauptverkehrsstraße nach Lordaeron. Dort wurde übrigens regelmäßig ein Bauernmarkt abgehalten, bei dem die Bauern einem regelrechten Preiskampf unterlegen waren. Deshalb war der Preisvergleich bei uns ganz besonders wichtig.

Als ich nun endlich daheim war, hielt ich kurz inne. Nachdem ich mich versichert hatte, dass ich nicht gleich wieder durch die Naaru entführt wurde, wagte ich es, den Schlüssel umzudrehen und einzutreten. Mein erster Gedanke: „Verdammt ist’s hier staubig.“

Ich wollte grad den Staubwedel auspacken, als mir jemand von hinten eine leichenblasse (und ebenso kalte) Hand auf die Schultern legte. Ich spürte es deutlich, wie sich mir vom Rücken bis zum Kopf nacheinander die Nackenhaare aufstellten, und ich einiges an Farbe verlor. Ich machte erst mal einen unkontrollierten Satz nach vorne, bevor ich mich umdrehte, und bei dem grässlichen Anblick, den mir mein gegenüber bot, am liebsten In Ohnmacht gefallen wäre. Es blieb nur dabei, dass mir der Atem stockte. Es handelt sich hier um einen Herren im klassischen Bauerngewand, welches man traditionell auf dem Felde trägt. Seine Haut hatte eine klassische Bildschirmbräune, sprich, sie war schneeweiß. Sein Gesicht war eingefallen, und seine tot wirkenden Augen lagen tief in seinen Höhlen. Den zweiten Schrecken jagte er mir ein, als er das unmögliche tat, mich angrinste und tatsächlich sprechen konnte.

Bauer: „Na na, nur nicht erschrecken Bursche, ich tu dir schon nichts. Hat dich mein Anblick erschreckt? Dann tut es mir leid.“

Er lässt traurig seine Schultern hängen.

Bauer „Ich weiß wie ich aussehe, aber dafür kann ich nichts. Vor kurzem ging hier eine schwere Krankheit um. Viele Leute starben oder wurden um den Verstand gebracht. Ich bin der Einzige hier, von dem ich weiß, dass er noch bei klarem Verstand ist.“

Er bleckte die Zähne und lächelte. Beiläufig musste ich feststellen, dass dieser das wohl perfekteste Zahngebiss auf diesem Planeten besitzen muss. So strahlend weiße und vollkommene Zähne hab ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen.

Ich: „Was hier geschehen ist tut mir leid“ erwiderte ich. „Aber das erklärt noch immer nicht, wer Sie sind, und was Sie in meinem Haus zu suchen haben.“

Bauer: „Nenn mich einfach Hänsel Bauer. So nennen mich alle, und einen anderen Namen hab ich nicht. Ich war einst ein Landwirt auf Agamands Hof. Als dort die Krankheit ausbrach bin ich geflohen. Trotzdem wurde ich selbst schwer krank, so krank, dass ich für ein paar Tage das Bewusstsein verlor. Ich hatte panische Angst zu sterben. Vermutlich lag es an meinem Überlebenswillen, dass ich noch hier auf Erden weile. Doch ich musste schon bald feststellen, dass mein Schicksal weit schlimmer war als der Tod selbst. Ich bin… zu etwas anderem geworden.“

Als ihn die Trauer übermannte, entschloss ich, dieses Thema auf sich beruhen zu lassen. Ich ging zu ihm hin und legte ihm die Hand auf die Schulter. (gleichzeitig einen Brechreiz unterdrückend, als mir ein bestialischer Verwesungsgestank entgegenschlug)

Ich: „Können Sie mit einem Spaten umgehen? Ich könnte jemanden gebrauchen, der das kleine Feld hinter meinem Haus bewirtschaftet. Sie müssen nur die spezielle Saat, die ich züchten möchte, hegen und pflegen. Als Gegenleistung dürfen Sie bei mir wohnen mit freier Logis und 20% Gewinnbeteiligung.“

Nachdem mir Hänsel praktisch sofort zugestimmt hatte, an meiner Seite zu bleiben, begann ich ihn in mein Kaffeegeschäft einzuweihen. Als ich mit der Erzählung fertig war, bleckte er erneut vielsagend mit seinen Zähnen und machte sich an die Arbeit, meinen Plan zu verwirklichen.

Hänsel stellte sich als überaus eifriger Geselle heraus. Unter seinen Armen begann die Saat zu sprießen und im rasanten Tempo in die Höhe zu schießen. Was mich aber noch mehr an der ganzen Geschichte verwundert: Hänsel hat bisher noch kein einziges Mal geschlafen, geschweige denn gegessen. Anfangs versuchte ich noch hinter sein Geheimnis zu kommen, aber jedes Mal lächelte er nur traurig und ging wieder an die Arbeit. Auch wenn Hänsel wie ein Wasserfall plappert, hab ich mich damit abgefunden, dass er mir diesen Teil seines Lebens verschweigt.

Als wir unsere ersten ertragreichen Ernten eingefahren haben, um ein ganzes Feld zu bewirtschaften, begann ich damit, eine passende Unterkunft für das zukünftige Gasthaus zu suchen. Es dauerte nicht lange, bis ich mich in ein kleines Häuschen direkt am Eingang zum Schloss einmietete. Der Anfang war hart und ich hatte kaum Kunden. Bis zu diesem schicksalhaften Tag.

Es war ein lauer, sonniger Tag, als sich eine Nachricht im Königreich verkündete: Arthas hat Mal’Ganis besiegt und kehrt soeben nach Lordaeron zurück. Was für eine imposante Erscheinung er nicht war, als er mit seinem Geleit aufmarschierte. Es scheint, niemand konnte ihm seine Aufmerksamkeit von seinem Ziel abwenden – Seinen Vater wiederzusehen und ihm von seinem Erfolg berichten. Doch dann drehte er den Kopf in meine Richtung und blieb wie angewurzelt stehen.

Er hob seinen Zeigefinger und murmelte langsam den Namen meines Gasthauses.

Arthas: „K.E.V.I.N’S P.U.B.“

Ich sah wie Arthas seine Hand auf seinen Bauch drückte als sich ein grummeln in seiner Magengegend breitmachte, das wohl halb Lordaeron gehört haben musste.

Ich konnte es nicht glauben. Der Prinz setzte sich mit seinen beiden Kommandanten in meine Richtung in Bewegung. Ich verbeugte mich als er durch meine Tür schritt.

Ich: „Prinz Arthas, ich freue mich, euch als meinen Gast begrüßen zu dürfen.“

Arthas nickte mir nur zu, sagte aber nichts. Er setzte sich an einen kleinen sperrigen Tisch zwischen der Klo und Küchentür. Innerlich grinste ich schon, als ich mir ausmalte, wie viel Kunden ich in Zukunft haben werde, wenn sie erfahren, dass sogar Arthas bei mir zu Tisch isst.

Der Prinz buchstabierte mir langsam die Karte, bis er plötzlich, wie von einer Tarantel gestochen, mit seinem Zeigefinger auf die Speisekarte zeigte.

Arthas: „Ich weiß zwar nicht, was das ist, aber das will ich!“

Ein Blick auf die Karte offenbarte mir, dass er gerne Menü 1 der Speisekarte möchte.

Ich: „Einmal Schnitzel mit Pommes und Salat, kommt sofort. Und als Nachspeise einen Kaiserschmarrn, mit dem Getränk des Hauses – Kaffee.“ ich blickte Arthas erwartungsvoll an. Und für ihre beiden Begleiter?“

Arthas trocken: „Das selbe.“

Ich: „Okay.“

Beim Anblick des Schnitzels sah ich seine Augen aufleuchten, die Pommes genoss er, und vom Kaiserschmarrn bestellte er sogar eine zweite Portion. Doch nichts kam dem gleich, als er den ersten Schluck seines Kaffees genommen hatte.

Er stand wortlos auf, ging mir entgegen und gab mir einen klaps auf den Rücken, von dem mir die Luft wegblieb.

Arthas: „Großartig, mein Freund. So vorzüglich hab ich noch nie in meinem ganzen Leben gespeist.“ Er blickte sich skeptisch um sich. „Aber sehr wohl in einer angenehmeren Atmosphäre.“

Ich schluckte.

Arthas: „Nichtsdestotrotz hast du dir soeben meine ungeteilte Freundschaft verdient. Setz dich zu mir und erzähl mir was von dir.“

Es stellte sich heraus, dass Arthas zu den redseligeren Menschen gehört. Er erzählte von seinem Einsatz in Nordend, wie er Mal’Ganis jagte und ihn zur strecke brachte. Er erzählte aus seiner frühen Kindheit und den intimsten Vorfällen zwischen ihm und Jaina. Er vertraute mir sein ganzes Leben an, wie es ein kleiner Bruder seinem großen Bruder erzählen würde.

Ich war so nett Arthas und seinen beiden Kumpanen, Marvyn und Falric, ein Zimmer für die Nacht zu vermieten. Am nächsten Morgen machte sich Arthas zum Aufbruch bereit. Sein Heer wartete noch immer vor der Tür. Ich bilde mir ein, ein „Wird aber auch Zeit. Ich friere mir hier schon den Arsch ab!“ gehört zu haben.

Kurz nachdem Arthas den Thronsaal betreten hatte, ging eine begeisterte Stimmung durch die Menge. „Der König ist tot, lang lebe der König!“ riefen sie.

Wie sich herausstellte, erlitt König Therenas einen Herzinfarkt, als Arthas‘ ersten Worte an den König, nach einer selbstmörderischen Reise um die Welt, folgende waren:

Arthas: „Also der Kevin macht echt leckere Schnitzel!“

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